Glomeruläre Filtrationsrate (GFR)
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Fremdleistung |
EDV-Kürzel: GFR
Kategorie:
Klinische Chemie, Funktionstests
Messmethode:
Quotientenbildung
Ansatzzeit:
täglich
Material:
Serum: 1 mL
Für die Berechnung der Glomerulären Filtrationsrate ist die Angabe von Alter und Geschlecht erforderlich.
Symptom/Krankheit:
Nierenfunktionseinschränkung; Niereninsuffizienz
Referenzbereich / Interpretation:
siehe Befundbericht
Literaturquelle:
Matsushita K, et al.: Comparison of risk prediction using the CKD-EPI equation and the MDRD Study equation for estimated glomerular filtration rate. JAMA 2012; 307:1941–5
Bemerkung:
Die Einschränkung der Nierenfunktion sollte in der täglichen Praxis bereits im Anfangsstadium zuverlässig erkannt werden. Bei sich verschlechternder Nierenleistung verharren die Serumkreatininwerte aber über längere Zeit noch im Normbereich (Kreatinin-blinder Bereich). Die Ermittlung der Kreatinin-Clearance stellt zwar den Goldstandard zur Feststellung einer eingeschränkten glomerulären Filtrationsrate (GFR) dar, ist aber aufgrund der Sammelproblematik des 24-h-Urins recht fehleranfällig. Oft kommt es z. B. zu falsch niedrigen GFR-Werten, da die Sammelmenge zu niedrig angegeben wurde.
Um dies zu umgehen und das Vorgehen zu vereinfachen, wurden diverse Schätzformeln entwickelt. Berechnungsgrundlage bilden meist Serumkreatinin und anthropometrische Daten (Alter, Geschlecht, Gewicht). Schon 1973 lag mit der Cockcroft-Gault-Formel eine brauchbare Berechnungsmethode vor, deren Datenbasis jedoch nur 249 männliche Probanden umfasste. Im Folgenden werden neuere Methoden zur rechnerischen Ermittlung der GFR vorgestellt.
MDRD-Formel
Die MDRD-Formel (Modification of Diet in Renal Disease) wurde von Levey et al. 1999 an 1628 Patienten entwickelt (Ann Intern Med. 1999; 130: 461-470). Für die heute zumeist verwendete vereinfachte Version werden nur Serumkreatinin, Alter und Geschlecht benötigt. Bei Menschen mit schwarzer Hautfarbe muss die geschätzte GFR noch mit dem Faktor 1,21 multipliziert werden.
Gut geeignet ist diese Formel für Nierenkranke mit einer GFR < 60 mL/min. Für Nierengesunde ist sie hingegen nicht zu empfehlen, da hier zu niedrige Ergebnisse geliefert werden. GFR-Werte über 60 werden daher nicht mit dem berechneten Wert sondern als „> 60 mL/min/1,73 m2“ berichtet. Die Formel ist zudem unzureichend evaluiert bei Diabetikern und Personen unter 18 oder über 70 Jahren.
Mayo-Klinik-Formel
Eine Arbeitsgruppe der Mayo-Klinik hat 2004 unter Einbeziehung 320 nierenkranker und 580 gesunder Probanden eine neue GFR-Formel entwickelt (Ann Intern Med. 2004; 141: 929-937). Diese Formel kann daher gut bei Nierengesunden angewendet werden. Die Formel wurde an Personen zwischen 17 und 87 Jahren evaluiert. Es wurde gezeigt, dass bei Älteren die GFR überschätzt werden kann.
CKD-EPI-Formel
Da die MDRD-Formel bei nierengesunden Personen oft zu falsch niedriger Einschätzung der Nieren-funktion führt, hat die Chronic Kidney Disease Epidemiology Collaboration ein neues Modell - die sogenannte CKD-EPI-Formel - entwickelt, die auf den gleichen Parametern (Kreatinin, Alter, Geschlecht) beruht. (Ann Intern Med. 2009 May 5; 150(9): 604-612, JAMA 2012; 307:1941–51). Diese Gleichung wurde an 8.254 Probanden aus 10 klinischen Studien entwickelt und an 3.896 Individuen mit verschiedenen Stadien der Einschränkung der Nierenfunktion validiert.
In einer Metaanalyse an 1,1 Mio. Erwachsenen wurde gezeigt, dass es bei Anwendung der CKD-EPI-Formel im Vergleich zur MDRD in 25 % der Fälle zu einer Reklassifikation bezüglich der Nierenfunktion und somit zu einer insgesamt realistischeren Einschätzung der Prognose kommt. Sie ist daher geeignet, die MDRD-Formel zu ersetzen.
Interpretation
Ab einer GFR von < 90 mL/min/1,73m2 spricht man von einer leichten, ab < 60 mL/min/1,73m2 von einer mittelgradig eingeschränkten Nierenfunktion. Zu beachten ist, dass altersbedingt ein physiologischer Rückgang der endogenen Kreatinin-Clearance/GFR von ca. 1 mL/min/Jahr zu erwarten ist.
Zur genaueren Einschätzung der GFR werden wir künftig im Rahmen der Kreatininbestimmung die Ergebnisse aller 3 o. g. Formeln berichten. Es ist jedoch zu beachten, dass grundsätzlich jedes mathematische Modell nur eine mehr oder weniger fehlerbehaftete Schätzung darstellt, die nicht in jedem Fall die exakte Bestimmung der GFR mittels Kreatinin-Clearance oder nuklearmedizinisch durch die Isotopen-Clearance ersetzen kann.